
Text: Frana Kisch
Als Tänzerin inspirierte Marcia Haydée große Choreografen wie John Cranko, Maurice Béjart und John Neumeier und leitete selbst 20 Jahre das Stuttgarter Ballett. Nun inszeniert die internationale Koryphäe ihre eigene Fassung von Charles Perraults Märchen „Dornröschen“ am Staatsballett Berlin. Nicht zur Taufe eingeladen, verflucht die Fee Carabosse die Prinzessen Aurora – bei der Premiere getanzt von Polina Semionova – und prophezeit ihren Tod. Durch einen Zauber der Fliederfee entschläft die Prinzessin und kann nur durch den Kuss eines Prinzen erlöst werden. So weit, so klassisch. Doch auch die zeitgemäß anmutende Besetzung der Fee Carabosse mit dem Tänzer Dinu Tamazlacaru stellt Haydées „Dornröschen“ in eine Traditionslinie: Bei der Uraufführung 1890 wurde die Rolle der bösen Fee ebenfalls von einem Ballerino – Enrico Cecchetti – getanzt. Die Berliner Neuinterpretation des Klassikers zieht keine klaren Grenzen zwischen Gut und Böse, vielmehr erkundet Marcia Haydée mit der Figur der Fee Carabosse die Ambivalenz des Bösen.