Liebe Leser*innen,
endlich ist der Sommer da.
Nachdem der Frühling in Berlin uns in diesem Jahr ziemlich verhungern hat lassen, bin ich jetzt wirklich mehr als bereit für Sonne, Flip-Flops, abends lange draußen sitzen, raus in die Natur, Freibad und See. Der Wunsch von wintergeplagten Berliner*innen nach heißen Tagen mischt sich auch mit Unbehagen, denn was wir alle längst wissen: Die Erderwärmung spitzt sich zu. Bereits die nächsten fünf Jahre werden laut der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) mit hoher Wahrscheinlichkeit wärmer als je zuvor. Wenn es in dieser Geschwindigkeit weitergeht, könnten sich in Berlin bis zum Jahr 2100 klimatische Bedingungen einstellen, die etwa dem derzeitigen Klima des südfranzösischen Toulouse ent- sprechen. Klingt für Wärmeliebhaber*innen wie mich erstmal toll, ist aber furchterregend. Hitzewellen und Starkregenereignisse, ansteigender Meeresspiegel, versalzene Böden und sich ausbreitende Wüsten – die Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt unüberschaubar und deutlich spürbar.
Wie gehen wir also mit der ökologischen Krise um, und was kann der Tanz als körperbasierte Kunst dazu beitragen? Beatrix Joyce fragt sich in ihrem Essay Ecological Dancing, wie Tanzkünstler*innen die Themen Klima(krise), Natur und Umwelt verarbeiten und macht verschiedene Beobachtungen über apokalyptische Science-Fiction-Erzählungen und über eine Abkehr vom anthropozentrischen Weltbild hin zu utopischen Zukunftsvisionen vom gleichberechtigten Miteinander aller Lebewesen. Die Choreografin Lina Gómez lässt uns an ihrem künstlerischen Zugang zur Natur teilhaben: Ihr Text Getting Lost is also a Path ist gefärbt von den Eindrücken einer Arbeitsresidenz in den chilenischen Anden und folgt den Spuren vergrabener Geschichten über Berge, Wälder und Gewässer. Mit Ricardo Carmona, dem neuen Künstlerischen Leiter des Festivals Tanz im August spreche ich über den diesjährigen Programmschwerpunkt „Tanz und Ökologie“, über ökologisch nachhaltiges Arbeiten im Festivalkontext und über seinen Wechsel vom HAU Hebbel am Ufer zu Tanz im August. Und nicht zuletzt: Die Kolumnistin Parvathi Ramanathan hat sich für diese Ausgabe von den Memoiren In the Dream House von Carmen Maria Machado inspirieren lassen und entwirft eine traumhaft-episodische Erzählung über die Verletzlichkeit, Rätselhaftigkeit und Macht unserer Körper.
In der Heftmitte findet Ihr den Tanzkalender mit einer Übersicht aller in Berlin und Potsdam stattfindenden Veranstaltungen plus Kurzvorschauen auf Premieren im Juli und August. Trotz Sommerpause einiger Häuser gibt es viel zu entdecken. Schaut Euch Tanz an!
Ich werde einen Teil des Sommers an der Mecklenburgischen Seenplatte verbringen und stelle mir das so vor: In meinem Schlauchboot auf einem See in der Sonne, eingecremt mit Sonnenschutzfaktor 50 und mit einem kalten Eistee in der Hand lese ich dieses Magazin. Ich empfehle Euch, das so oder ähnlich auch zu tun.
Ich wünsche Euch (allen Krisen zum Trotz) einen schönen Sommer,
viel Spaß beim Lesen, enjoy!
Johanna Withelm