Runder Tisch Tanz

Wie hat der Runde Tisch funktioniert?

Zum Verfahren des partizipativen Prozesses

Im Zuge der Haushaltsberatungen für 2018 wurden Mittel in Höhe von 100.000 € für einen Runden Tisch Tanz als partizipativem Prozess unter Beteiligung von Kulturpolitik, Verwaltung sowie Berliner und (inter-)nationalen Tanzexperten zur Verfügung gestellt. Mit der Koordination des Runden Tisches Tanz sind am 31.01.2018 nach einem Bewerbungsverfahren Karin Kirchhoff (Kuratorin, Dramaturgin, Dozentin) und Dr. Elisabeth Nehring (Kulturjournalistin) beauftragt worden. In der Findungskommission saßen jeweils eine Vertreterin aus der Kulturpolitik, aus der Verwaltung, dem Vorstand des Zeitgenössischen Tanz Berlin e.V., dem TanzRaumBerlin Netzwerk und dem Tanzbüro Berlin.

 

Ablauf

Der Runde Tisch Tanz mit 20 Vertreter*innen aus Kulturpolitik- und Verwaltung sowie Tanzszene tagte vier Mal im Laufe des Jahres 2018. Bei einem offenen Vorbereitungstreffen am 14.02.2018 in den Uferstudios fand als Stimmungsbild der Tanzszene eine Wahl der künstlerischen Repräsentant*innen bei diesen vier Termine statt. Außerdem wurden Ideen für Arbeitsgruppen und begleitende Veranstaltungen gesammelt. Am 23.03.2018 tagte der offizielle Runde Tisch Tanz zum ersten Mal. Die eigentliche Arbeit fand das gesamte Jahr über in fünf Arbeitsgruppen mit einer ehrenamtlichen Beteiligung von über 200 Tanzschaffenden statt. Im September 2018 veranstalteten die Koordinatorinnen Karin Kirchhoff und Dr. Elisabeth Nehring in den Uferstudios das mit internationalen Best Practice Vertreter*innen besetzte Symposium "Konkrete Utopien".

Themen der Arbeitsgruppen

Fünf zentrale Themen wurden im Rahmen des Vorbereitungstreffens herausgefiltert, um die Bedarfe der Berliner Tanzszene zu ermitteln und ein tragfähiges Zukunftskonzept zu erarbeiten. Darauf aufbauen wurden entsprechende Arbeitgruppen einberufen, die allen Interessierten für die ersten drei Treffen offenstanden, danach sollten sich verbindliche Gruppen bilden. Für jede AG wurden beim ersten Treffen ein bzw. zwei AG-Sprecher*innen bestimmt, die Ansprechpartner*innen sind und sich um Kommunikation, Protokolle und Koordination kümmern. Folgende AG-Themen und Ausgangsfragen lagen dem Prozess zu Grunde.

AG Räumliche Infrastruktur - Unter-AG Neue Institution für den Tanz?: Brauchen wir eine große Bühne für den Tanz? Wie groß soll sie sein? Was gehört an räumlicher Infrastruktur noch dazu? Wofür könnte ein solcher Ort noch genutzt werden? Oder: Brauchen wir ein Haus für den Tanz mit flexiblen Strukturen? Wie müsste dieser Ort – im Gegensatz zu einer großen Bühne – beschaffen sein? Gäbe es Orte in der Stadt, die sich dafür eignen würden? Für beide Modelle (große Bühne/Haus für den Tanz): Wie kann diese neue Institution mit den vorhandenen Orten zu aller Vorteil kooperieren? Wer präsentiert, kuratiert, produziert, arbeitet für wen/welches Publikum in dieser neuen Struktur? Gibt es Modelle für eine andere Form von Institution jenseits klassischer Intendanzen/Leitungsstrukturen? Wie hoch müsste der Etat für die neue Institution sein? Unter-AG: Bestehende Infrastruktur: Wie sind gute Produktionsräume beschaffen? Wie viele braucht die Berliner Tanzszene zusätzlich und in welchen Größen? Gibt es gute Modelle für eine gemeinschaftliche Nutzung? Wie sichert man die bestehenden privatwirtschaftlich betriebenen Produktionsorte gegen Mietsteigerungen/Verkauf/Kommerzialisierung? Wie kann eine Preisgestaltung und Förderung für Probenstudios aussehen, die gleichzeitig nicht geförderten Künstler*innen Zugang und den Betreiber*innen das langfristige Betreiben ermöglicht?

AG Money and more: Wie kommt mehr Tanzexpertise in spartengemischte Jurys? An welchen Stellen wären reine Tanzjurys sinnvoller? Welche Orte brauchen Koproduktionsmittel und in welcher Höhe? Wie wird das Fördersystem durchlässiger? Was sind die besonderen Bedürfnisse der mid-career artists? Wie lässt sich prozessorientiertes künstlerisches Arbeiten (im Gegensatz zu produktorientiertem) besser unterstützen? Was braucht es für kontinuierliches Arbeiten und zur Repertoirebildung? Gibt es eine ausreichende Unterstützung für junge Choreograf*innen im Übergang von Ausbildung zur Berufsausübung und wenn nein, was fehlt?

AG Internationalität/Touring/Vernetzung: Was braucht es zur Verbesserung der Gastspieltätigkeit von Berliner Produktionen innerhalb Deutschlands und ins Ausland? Was tun gegen den Mangel an Produktionsleitungen und insbesondere Tourmanager*innen? Brauchen Berliner Tanzschaffende mehr internationale Austauschprogramme und wenn ja, wie sollten diese aussehen? Profitiert die Berliner Szene von den großen internationalen Gastspielen und wenn nicht, auf welche Weise könnte man das ändern? Welche Konsequenzen und Notwendigkeiten erwachsen aus der vorhandenen Internationalität (z.B. Vielsprachigkeit, Arbeitserlaubnis, etc.) der Tanzschaffenden für ihre Arbeitsbedingungen in Deutschland?

AG Forschung und Vermittlung: Welche Bedingungen braucht eine als künstlerische oder aktivistische Praxis begriffene Vermittlungsarbeit? Was braucht es, damit in Berlin mehr professionelle Produktionen mit und für Kinder/n und Jugendliche/n entstehen und gezeigt werden?Wie qualifizieren sich Tänzer*innen und Choreograf*innen für die künstlerische Vermittlungsarbeit und für das Unterrichten? Welche Orte/Institutionen/Initiativen gibt es zur Archivierung zeitgenössischer Tanzproduktionen und was fehlt? Kann die Verbindung von Tanzforschung, künstlerischer Praxis und Tanzgeschichte/Archivierung noch verbessert werden und auf welche Weise?

AG Zugänglichkeit und Vielfalt: Wie können Menschen jeden Alters (insbesondere junge und alte) aktiv wie rezeptiv besseren Zugang zum zeitgenössischen Tanz erhalten? Sind Künstler*innen mit Migrationshintergrund und/oder People of Colour angemessen in allen Bereichen des zeitgenössischen Tanzes in Berlin präsent und wenn nicht, was müsste sich ändern? Wie erhalten Menschen mit Behinderung leichteren Zugang zu Tanzausbildungen? Braucht es spezielle Förderinstrumente für Tanzproduktionen von und für Menschen mit Behinderung und wenn ja, welche? Welche Zugangsbarrieren für Zuschauer*innen mit Behinderungen existieren und wie können sie abgebaut werden? Welche sozio-ökonomischen Barrieren existieren für Menschen verschiedener Klassenzugehörigkeit? In welchem Umfang spiegeln sich verschiedene Erfahrungen struktureller Diskriminierung im Personal der Berliner Tanzinstitutionen wider und wie kann die Teilhabe an Führungspositionen gestärkt werden? Welche Ausschlüsse denken wir noch nicht mit?

Teilnehmer*innen an den vier offiziellen Sitzungen des Runden Tisches Tanz

Für die Berliner Kulturpolitik nahmen die Vorsitzende des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten, Sabine Bangert (Bündnis 90/ Die Grünen), sowie die kulturpolitischen Sprecher*innen der SPD, Frank Jahnke, und der Linken, Regina Kittler, am Runden Tisch Tanz teil. Die Kulturverwaltung wurde duch den Staatssekretär für Kultur, Dr. Torsten Wöhlert, und die Referatsleiterin KD zur Förderung von Künstler*innen, Freien Gruppen und Projekten, Sabine Koehncke, sowie die Referatsleiterin KB für institutionelle Förderung, Barbara Esser, vertreten. Teilnehmer*innen, die durch die Berliner Kulturverwaltung ausgewählt wurden, waren: Frank Schmid (Perspektive der Jurys), Michaela Schlagenwerth (Perspektive des Tanzjournalismus) und Dr. Kerstin Evert (externe Expertin, K3 Zentrum für Choreografie | Tanzplan Hamburg). Für den Dachverband Tanz Deutschland wirkte Vorstandsmitglied Claudia Feest am Runden Tisch Tanz mit, der Zeitgenössische Tanz Berlin e.V. wurde durch das Vorstandsmitglied Moritz Majce vertreten. Marie Henrion und Anne Passow nahmen für das Tanzbüro Berlin am Runden Tisch Tanz teil.

Folgende Personen und Stellvertretende wurden als künstlerische Repräsentant*innen benannt: Kareth Schaffer, Choreografin, Performerin. Themen: emerging artists, Übergang Ausbildung zur Berufspraxis | Vertretung: Zwoisy Mears-Clarke, Choreograf, Performer. Themen: Vielfalt, Inklusion, Vermittlung. Peter Pleyer, Choreograf, Performer. Themen: Internationaler Austausch, Aufwertungsstrategien, neuere Tanzgeschichte | Vertretung: Kirsten Maar, Tanzwissenschaftlerin. Themen: Tanzwissenschaft, Vermittlung. Anja Schmalfuß, Networking & Development Sasha Waltz & Guests. Themen: Ensembles & Repertoire, Große Bühne für den Tanz, Kulturpolitische Arbeit zwischen Land und Bund | Vertretung: Ralf R. Ollertz, Künstlerischer Direktor HALLE TANZBÜHNE BERLIN. Themen: Internationalisierung, Ensembleentwicklung. Simone Willeit, Geschäftsführung Uferstudios. Themen: Neue Modelle einer Institution – Haus für den Tanz, Infrastrukturförderung für den Tanz, Förderung der gesamten Bandbreite choreografischer Praxen und künstlerischer Arbeitskonstellationen | Vertretung: Gabi Beier, Künstlerische Leitung ada Studio & Bühne für den zeitgenössischen Tanz. Themen: Übergang Ausbildung zum Beruf. Anna Mülter, Künstlerische Leitung Tanztage Berlin, Dramaturgie Tanz Sophiensaele. Themen: Vielfalt, emerging artists, Inklusion | Vertretung: Vertretung: Kirsten Seeligmüller, künstlerische Leitung DOCK 11 & Eden***** Themen: Vermittlung, emerging artists, Inklusion. Annemie Vanackere, Intendanz und Geschäftsführung HAU Hebbel am Ufer. Themen: Große Bühne/große Formate, Künstlerkarriere und Förderung, audience development | Vertretung: Ricardo Carmona, Tanzdramaturg HAU Hebbel am Ufer.

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