Dezentrale Orte

Dezentrale Tanzorte Berlins | Überblick

Stärkung der dezentralen Struktur

Die Berliner Tanzorte sind so vielfältig wie die freie Tanzszene: Manche Häuser sind kuratierte Spiel-und Produktionsstätten mit einem eigenen Profil wie z. B. HAU, radialsystem, Sophiensæle, andere kaum oder gar nicht kuratierte Räume, die eher als Arbeitsräume und als Präsentationsorte fungieren.

Typisch für die Berliner Tanzszene ist ihre dezentrale Struktur. Kein Ort in Berlin mit alleinigem Schwerpunkt Tanz ist institutionell gefördert oder ist finanziell einem Stadttheater vergleichbar ausgestattet. Zwar ist das spartenübergreifende Hebbel am Ufer HAU eine landeseigene Institution und auch durch das extra bezuschusste Festival Tanz im August von internationaler Bedeutung für Tanz, jedoch bestehen nur 30% des normalen Spielplans aus Tanzproduktionen.

Die vielen weiteren Berliner Orte für den Tanz werden dagegen privatwirtschaftlich betrieben und erhalten je nach Profil 4-jährige Konzeptförderung oder 2- bzw. 1-jährige Produktionsortförderung, manche werden gar nicht oder nicht bedarfsgerecht aus dem Kulturetat gefördert. Im Vergleich zu den landeseigenen Bühnen sind die privaten Tanzorte hinsichtlich ihrer räumlichen und technischen, sowie personellen Ausstattung in einem extrem prekären Zustand – und zusätzlich gefährdet durch die fortschreitende Gentrifizierung der Hauptstadt.

Der Runde Tisch Tanz 2018 hat aus diesem Grund einen wesentlichen Schwerpunkt auf die Stärkung der dezentralen Struktur gelegt und sowohl konkrete Mehrbedarfberechnungen erstellt, als auch weitere Maßnahmen zur nachhaltigen Förderung empfohlen.

Darüberhinaus wurden vom Runden Tisch Tanz zusätzliche Massnahmen empfohlen, um die Vielfalt der existierenden Orte nachhaltig zu fördern: eigene Haushaltstitel z.B. für die Sophiensæle, das radialsystem oder die Uferstudios; Ankauf der Immobilien (wie 2018 für das radialsystem) z. B. von Studio laborgras, Wiesenburg, Lake Studios, oder  – alternativ – die Übersiedelung in landeseigene Immobilien; Hilfe für die Kreditfinanzierung; Bereitstellung von Mitteln aus der Lottostiftung und Sammelhaushaltstitel für kleinere Orte. Alle Maßnahmen orientieren sich an der bestehenden Vielfalt der Berliner Tanzszene und sollen bis 2025 – das ist die langfristige und visionäre Perspektive – ergänzt werden durch die Einrichtung eines zentralen Haus für Tanz und Choreografie.

Auch wenn der reale Bedarf der zahlreichen Orte deutlich höher ist, konnten im Doppelhaushalt 2020/2021 hierfür immerhin jeweils 400.000 € bereitgestellt werden: Von diesem Etat können erstmals die Uferstudios als wichtige Ankerinstitution der Freien Berliner Tanzszene mit einem Budget von 300.000 € gefördert werden. Das ada Studio, die Lake Studios, die Wiesenburg und das Studio laborgras erhalten als Ausgleich ihrer bestehenden Fehlbedarfe Aufstockungen ihrer Förderung zwischen 15.000 € und 35.000 €.

Die selbstverwalteten Uferstudios finanzieren sich seit ihrer Gründung 2010 bewusst und ausschließlich durch die Vermietung ihrer Probenräume. Eine Erbpacht sichert das Gelände an der Badstrasse bis zum Jahr 2208. Die erstmalige Senatsförderung ermöglicht nun eine Reihe von Entlastungen und Verbesserungen: Die Studio-Mietpreise können – so lange die Projektförderung gewährt wird – leicht gesenkt werden (und nicht wie es eine reale Kostensteigerung verlangt hätte, erhöht werden), Stornierungsgebühren für Studios wurden letztes Jahr Corona-bedingt durchgängig ausgesetzt. Die Personalstruktur der Uferstudios kann sicherer gestaltet werden, Modernisierungsmaßnahmen, die sich seit der Sanierung 2010 angestaut haben, können teilweise in Angriff genommen werden (Gebäudeerhalt, Leitsystem u.a.). Nicht zuletzt profitieren auch die dort arbeitenden und präsentierenden Künstler*innen von der Infrastruktur-Förderung: das technische Equipment kann nun für Proben zu verringertem Preise, bzw. kostenfrei angeboten werden, bei Veranstaltungen werden weniger Kosten für die Künstler*innen anfallen.

---

Veröffentlicht am 30.11.2020

 

Folgt uns