Editorial
Liebe Leser*innen,
inspirierende Institutionen, die Kultur zeitgemäß und zukunftsorientiert denken und die auch für Berlin Anregungen bereithalten, stellt Sigrid Gareis in der März / April-Ausgabe von tanzraumberlin vor. Spektakulär wagemutige Gründungen großer Tanz-Institutionen sind schließlich schon eine Weile her, so die Kuratorin in ihrem Essay auf diesen Seiten.
Berlin würde ein großer Wurf durchaus gut stehen – das Haus für Tanz und Choreografie, seit Jahrzehnten im Gespräch, mit dem Runden Tisch Tanz in greifbarere Nähe gerückt. Wie sich ein zeitgemäßer Arbeitsort mit vereinten Kräften aus der Taufe heben lässt, haben Stadt, Land und Tanzszene mit den Uferstudios bereits bewiesen. Initiativ beteiligt war daran eine Netzwerkerin, deren Gründermut legendär ist: Barbara Friedrich. Ins Leben gerufen hat sie unter anderem die Tanztage Berlin, und sie hat Strukturen mit geschaffen wie das Netzwerk TanzRaumBerlin oder den Verein ZTB – Zeitgenössischer Tanz Berlin. Nun versetzt sie sich in den Ruhestand – Anlass für eine Würdigung, die ihr der Performer und Regisseur Martin Clausen widmet.
Ob ein Berliner Haus für Tanz und Choreografie mit Programm gefüllt werden könne, fragen Zweifelnde mitunter. Ein Blick in den Tanzkalender für März und April legt ein lautes „Ja, natürlich“ nahe. Premieren, Wiederaufnahmen, Gastspiele: Man weiß gar nicht, wohin man schauen soll. Den Auftakt macht im März Florentina Holzinger mit ihrem zum Theatertreffen eingeladenen „TANZ“ an den Sophiensælen. Drei Arbeiten von Ligia Lewis kann man am HAU wiedersehen. Rosas gastieren bei den Berliner Festspielen, ebenso wie, erstmals seit 17 Jahren wieder, die Rambert Dance Company. Und nachdem sie bei der Tanzplattform Deutschland in München vorbeigeschaut haben, kommen auch „Rasp Your Soul“ von Kat Válastur und „Dis_Sylphide“ von Saša Asentić noch einmal auf Berliner Bühnen. Mit Saša Asentić hat tanzraumberlin über seine Pionierarbeit im Bereich der Disability Arts gesprochen: Seit zwanzig Jahren ist er Künstlerischer Leiter der Kompanie Per.Art für Performer*innen mit und ohne Lernbehinderungen. Gemeinsam ist es ihnen gelungen, diese Kompanie mitten in der Tanzszene zu platzieren.
Selbstverständliche Sichtbarkeit für marginalisierte gesellschaftliche Gruppen fordert auch die Choreografin und Tänzerin Nora Amin. Mit den TANZKOMPLIZEN hat sie einen Fachtag zu Tanz und Rassismus kuratiert, und ihre Künstlerinnenstimme veranschaulicht, was sie persönlich mit der Thematik verbindet.
In diesem Sinne: Tanzlust, Gründermut und einen frohen Frühling wünscht
Elena Philipp