Dance Archive Berlin

Tanz∆rchiv | Bericht Konzeptionsphase 2020/21

Handlungsempfehlungen zum TanzArchiv

In einem sechsmonatigen Prozess haben wir, die fünfköpfige Steuerungsgruppe „TanzArchiv Berlin”, mit der Berliner Tanzszene das Bild eines zukünftigen Tanzarchivs zusammengetragen, in dem die Bedürfnisse und Wünsche der Beteiligten aufgenommen und zusammenfasst werden: Was ist vorhanden, was fehlt und was brauchen wir für ein zukünftiges Archiv des Tanzes in Berlin? Um diesen lebendigen Ort des Tanzwissens, der Tanzvermittlung und der künstlerischen Forschung auf den Weg zu bringen, stellen wir unserem Bericht Handlungsempfehlungen voran, die kurz und knapp die wichtigsten Forderungen bündeln:

1. Das TanzArchiv Berlin will die Aushandlung, die Diskussion und die Erweiterung des Archivbegriffs und der Archivpraxis im Tanz in der Verbindung von zentraler und dezentraler Arbeitsweise ermöglichen.

  • Das TanzArchiv Berlin ist ein Ort der Recherche, der Produktion, der Begegnung und des Austauschs zwischen den Tanzschaffenden und dem Publikum.
  • Gefördert wird die Zusammenarbeit von Künstler*innen, Archiv-Expert*innen, Forscher*innen, Lehrenden, Vermittler*innen und Interessierten, um neue Archivpraktiken zu entwickeln. Künstlerische Intervention bzw. Beteiligung, Momente von Aktualisierung, Aneignung und Neuaneignung halten das Archiv lebendig und offen.
  • Neben einer zentralen Verortung sind es Förderprogramme für die Anbindung der dezentralen Tanzlandschaft mit den Archiv-Arbeitsweisen, die im Zentrum stehen. Gefragt wird, wie Künstler*innen und etablierte Orte (sowie unterrepräsentierte Orte) des Tanzes in Verbindung kommen, wie die Geschichte(n) des Tanzes neu verhandelt werden können. Hierfür gilt es, neue künstlerische Recherche- und Produktions-Programme zu entwickeln.

2. Das TanzArchiv Berlin wird als lebendiger Ort des Sammelns, Bewahrens, Vermittelns und Transformierens, als „neuer Ort“ inklusiver Strukturen des Arbeitens und Experimentierens in der Kunstform Tanz konzipiert.

  • Das TanzArchiv Berlin ist als analoger Ort des Austauschs, der Vermittlung sowie der Forschung konzipiert. Ziel ist es, das TanzArchiv Berlin als Teil des Konzepts des neuen Hauses für Tanz und Choreographie in Berlin zu verstehen, das Recherche- und Diskussionsräume, praxisorientierte Studioräume, Bibliothek und Dokumentationslabor (siehe Punkt 5) integrieren wird um die Verflechtung von Tanzpraxis und Archiv im Haus für Tanz und Choreographie von Anfang an zu ermöglichen. Lagerungsräume sind dabei in geringem Umfang mitgedacht. Hier wird darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit existierenden Gedächtnisinstitutionen (z.B. Landesarchiv Berlin) angestrebt.
  • Das TanzArchiv Berlin wird als Institution entwickelt, die inklusive Arbeitsstrukturen, wechselnde Team- und Leitungsstrukturen, eine transparente horizontale Systematik sowie die Einbindung von Expert*innen für spezifische Verantwortungsbereiche und Beratung von Anfang an mitdenkt.
  • Das TanzArchiv Berlin sieht die Auseinandersetzung mit Werken oder Nachlässen weniger etablierter, jüngerer, marginalisierter Künstler*innen als einen wesentlichen Teil seines Konzepts an.
  • Das TanzArchiv Berlin sollte Perspektiven diverser Künstler*innen und eines diversen Publikums als wichtigen Arbeitsschwerpunkt entwickeln und Zugänge barrierefreier gestalten. Dafür braucht es Mitarbeiter*innen, die geschult sind, mit Künstler*innen und Nutzer*innen diverser Hintergründe und Bedürfnisse zu arbeiten.

3. Das TanzArchiv Berlin ist ein Ort der künstlerischen Aneignung und der künstlerischen Dokumentations- und Archivierungsprozesse.

  • Die Selbstermächtigung, die selbstbestimmte Archivierung und Archivgestaltung durch die Tanzschaffenden ist unabdingbarer Bestandteil des TanzArchivs.
  • Als Ergänzung des bereits etablierten Projektes „Tanzforum Berlin“ (gefördert vom Berliner Senat) soll das TanzArchiv Berlin Künstler*innen über Workshopangebote und technische Ausstattung ermöglichen, selbstständig und individuell ihre Arbeitsprozesse filmisch zu dokumentieren und zu archivieren.
  • Für die Arbeit am Archiv müssen zeit- und personalökonomische Perspektiven von Beginn an eine wesentliche Rolle spielen. Ergänzende Fördermittel, Recherche- und Archivstipendien, sowie gezielte und bedarfsgerechte Förderprogramme (Archiv-Förderprogramme) sollen in enger Abstimmung mit der Kulturpolitik und Kulturverwaltung etabliert werden.

4. Das TanzArchiv Berlin ist ein Labor, in dem digitale Werkzeuge und neue digitale Dokumentationsmethoden ausprobiert werden.

  • Das Interesse an Analyse-, Visualisierungs- und Annotationstools für time-based Medien ist in der Künstler*innenschaft groß. Insbesondere für die eigenen Probenprozesse und für die Vermittlung müssen dafür im TanzArchiv Möglichkeiten geschaffen werden.
  • Die dafür notwendige Infrastruktur (Server, Aufzeichnungsgeräte, Räumlichkeiten) erlaubt es, nicht nur ergebnisorientiert, sondern prozessbezogen, und auf angemessen hohem qualitativen Niveau zu dokumentieren.

5. Das TanzArchiv Berlin ist als Knotenpunkt einer gemeinsamen vernetzten, digitalen Umgebung gedacht.

  • Das gemeinsame Erfassen, Verzeichnen, Archivieren und Langzeitarchivieren von digitalen Daten zum Tanz in einer gemeinsamen Datenumgebung fehlt (ein Desiderat) in Berlin. Dies betrifft sowohl archivische und historische Daten zu Tanz-Objekten und -Sammlungen, aber auch Daten aus dokumentierenden Prozessen.
  • Die Entwicklung einer für die Akteur*innen der Szene kostenfreien digitalen Umgebung, in der sie dokumentieren, archivieren und sich mit den Daten weiterer Künstler*innen vernetzen können, ist wesentlich.
  • Die digitale Vernetzung mit bereits bestehenden Datenbeständen des Tanzes, Künstler*innen- und Forschungs-Archiven, Stadtarchiven, Bibliotheken etc. ist notwendig, um einen interdisziplinären, multiperspektivischen Zugang zu gewährleisten.
  • Grundsätzlich müssen rechtliche und technische Voraussetzungen entwickelt werden, um Inhalte digital zugänglich machen zu können.

Die ausführlichen Berichte der im Rahmen der Konzeptionsphase 2020 realisierten Maßnahmen finden Sie hier:

Collective Brainstorming
Eine Auswertung der online Künstler*innen-Umfrage von Alex Hennig

Exemplarische Bestandsaufnahme
Eine Auswertung der Umfrage von Claudia Feest, Claudia Henne und Elena Philipp

TanzArchiv Berlin digital
Ein Beitrag von Christine Henniger

Kooperation mit dem Landesarchiv Berlin

Den Gesamtbericht finden Sie hier:
TanzArchiv Berlin Bericht der Konzeptionsphase 2020/21 (Stand 10.07.2021)

Die Handlungsempfehlungen der Steuerungsgruppe auf Englisch finden Sie hier:
TanzArchiv Berlin recommendations for action

Veröffentlicht am 10.07.2021

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