Aktuelles aus Berlin

Rat für die Künste

Offener Brief vom 11. März 2023

An die Vertreter*innen der Parteien SPD und CDU in den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen: Für Berlin als Kunst- und Kulturmetropole, in der Zukunft gemeinsam gestaltet wird!

“Das Beste für die Stadt – innovativ, verlässlich, sozial und nachhaltig! Eine Koalition der Verantwortung und des Respekts,” so überschreiben Sie als Vertreter*innen von CDU und SPD Ihr gemeinsames Sondierungspapier der Dachgruppe der Koalitionsverhandlungen vom 09. März 2023. Der Rat für die Künste begrüßt Ihren Aufruf. Jedoch müssen wir mit großer Sorge feststellen, dass in diesem Sondierungspapier Kunst und Kultur mit keinem einzigen Wort erwähnt werden. Dringlichst erinnern wir Sie, dass eben diese wichtige Standortfaktoren Berlins sind und unsere Stadt erst zu der weltweit renommierten Metropole machen, die sie ist.  Kunst und Kultur sind nicht nur für eine kreative, diverse und solidarische Stadtgesellschaft elementar, sondern fördern auch Identifikation und Teilhabe und damit eine lebendige Demokratie. 

Wir, der Rat für die Künste, mit seinen gewählten Vertreter*innen in Berlin ansässiger Kulturinstitutionen und der freien Szene, fordern Sie mit Nachdruck auf, Kunst und Kultur in Ihren Koalitionsverhandlungen mit der Aufmerksamkeit und Verantwortung zu behandeln, die Berlin und seine Künstler*innen und Kulturakteur*innen verdient haben.
Die vordringlichste Aufgabe ist die Sicherung des Kunst- und Kulturstandortes Berlin, die ressortübergreifend als Querschnittsaufgabe – in Kooperation von Kultur-, Sozial-, Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsverwaltung – wahrgenommen werden muss. 

Folgende sechs Handlungsfelder für eine zukunftsfähige und nachhaltige Kulturpolitik sieht der Rat für die Künste Berlin, welche sich in den Koalitionsverhandlungen wiederfinden müssen:

1. Sicherung und Ausbau der bestehenden Kunst- und Kulturangebote 

  • dringlichste Thematik ist der Erhalt und die Weiterentwicklung von Räumen für Produktion und Präsentation von Kunst und Kultur, um Verdrängungsprozessen und steigenden Mieten langfristig entgegenzuwirken
  • Stärkung der bezirklichen Kulturarbeit, u.a. die Verstetigung der Förderungen für die Jugendkunstschulen, Musikschulen, Kommunalen Galerien (Fonds KoGa und FABiK), Bibliotheken, Kinder- und Jugendtheatern (KiA-Programm) sowie der bezirklichen Kulturförderung (BKF)
  • Ausbau der Angebote der Kulturellen Bildung 

2. Stärkung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen

  • Weiterentwicklung der sozialen Absicherungssystemen von Kulturschaffenden, durch u.a. eine kontinuierliche Evaluation und Anpassung der Mindesthonorare/Mindestgagen für Präsentationen und künstlerisches Arbeiten und eine Initiative auf Bundesebene zur Absicherung von selbstständigen Kulturschaffenden gegen Erwerbslosigkeit, Altersarmut etc. 

3. Diversifizierung des Kultursektors

  • es braucht eine Kulturpolitik, die diversitätsorientiert, gendergerecht, intersektional und solidarisch ist und auf den Prinzipien von Transparenz und Fakten basiert
  • Entwicklung eines „Aktionsplans Diversität und Antidiskriminierung“ als bereichsübergreifende Aufgabe
  • Weiterführung begonnener Diversitäts- und Transformationsprozesse wie Diversity Arts Culture (DAC), Modellprojekt FAIRSTAGE
  • eine Diversitätsentwicklung, die sich in den Verwaltungs- und institutionellen Strukturen ebenso widerspiegelt wie in der künstlerischen Produktion
  • Beteiligung von gesellschaftlichen Akteur*innen auf Augenhöhe – ohne die finanziellen Belange unterschiedlicher Gruppen gegeneinander aufzurechnen 

4. Förderung transdisziplinärer Prozesse, die Kultur und Stadtentwicklung mit Bildung, Mieter- und Klimaschutz gemeinsam denken

  • eine ressortübergreifende Unterstützung, Förderung, Finanzierung und Weiterentwicklung der Urbanen Praxis aus den Bereichen Kunst, Kultur, Soziales, Stadtentwicklung und Umwelt
  • Evaluation, Förderung und Weiterentwicklung von Initiativen und Modellprojekten wie DRAUSSENSTADT, AG Urbane Praxis
  • frühzeitige Einbeziehung der Expertise von Kunst- und Kulturschaffenden in bauplanerische Projekte mit Stadtentwicklungs-Relevanz (Stichwort Molkenmarkt) 

5. Ausbau der digitalen Infrastruktur aller Kultureinrichtungen verbunden mit konsequenter Ausrichtung der Kulturpolitik auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz

  • Konzepte zur Förderung und zum Ausbau von Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Kultureinrichtungen und freien Kunst- und Kulturprojekten

6. Zukunftsfähige Ausrichtung der Förderpolitik, welche sowohl prozess- als auch produktorientiertes Arbeiten beinhaltet hin zu einer krisensicheren und nachhaltigen Kulturförderung

  • Überarbeitung und Evaluation der Förderinstrumente/Fördermatrix sowie Blick auf das Gesamtgefüge der Berliner Kulturförderung, für ein solidarisches Miteinander freier Künstler*innen und institutionell geförderter Kulturakteur*innen
  • Ausweitung der Förderung hinsichtlich Zugänglichkeit und Barrierefreiheit von Kulturangeboten, (z.B. Fonds zur Beantragung von kurzfristig benötigten Mitteln zur Barrierefreiheit, sozialverträgliche Förderprogramme für Künstler*innen mit Erziehungs- und Care-Aufgaben)

In diesem Sinne möchten wir Sie auf die weitestgehend immer noch aktuellen Wahlprüfsteine und die Antworten ihrer Parteien aufmerksam machen: 

http://www.rat-fuer-die-kuenste.de/wahlpruefsteine-2021-reaktion-der-spd/

http://www.rat-fuer-die-kuenste.de/wahlpruefsteine-2021-reaktion-der-cdu/

Wir freuen uns auf den kommenden Dialog und die Zusammenarbeit für Berlin als Kunst- und Kulturstadt, in der wir die Zukunft gemeinsam gestalten und stehen für Austausch und Gespräche jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Franziska Werner und Oliver Baurhenn
Sprecher*innen des Rats für die Künste Berlin

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