ich schreibe diese Zeilen kurz vor Weihnachten und bin, wie so viele, schockiert und fassungslos über die Kürzungen im Berliner Kulturhaushalt und die intransparenten und undurchdachten Prozesse, die dazu geführt haben. Seit 15 Jahren bin ich Teil der Freien Tanzszene Berlins und habe noch nie einen derartigen Kahlschlag in der Berliner Kulturlandschaft erlebt. Nach dem Beschluss des Senats, den Kulturetat um 130 Millionen Euro zu kürzen, steht der Tanz, dem es ohnehin an struktureller Verankerung mangelt, noch schlechter da als zuvor. Für das Tanzbüro Berlin und damit auch für das tanzraumberlin Magazin ist es nach Wochen des Zitterns kurz vor Weihnachten doch noch glimpflich ausgegangen, aber der Schock sitzt noch in den Knochen. Wir haben einmal mehr gespürt, wie fragil die Strukturen sind, in denen wir arbeiten.


Wir solidarisieren uns mit allen Projekten, Initiativen, Häusern und Künstler*innen die von den Kürzungen und Streichungen betroffen sind. Statements zur aktuellen Situation haben wir im Artikel Tanz am Abgrund zusammengetragen, eine Sammlung gemischter Stimmen von Tanzschaffenden und Institutionen der Freien Szene, die mit Blick auf die aktuelle Lage irgendwo zwischen Schock, Wut, Kampfesmut, Resignation und Hoffnung schwanken. Außerdem möchte ich euch die Brandrede Vielfalt statt Einfalt! von Jule Flierl ans Herz legen, in der sie die Kulturpolitik anklagt und skizziert, wie sehr die drastischen Kürzungen Berlin als pulsierende weltoffene Metropole bedrohen. Ebenso lesenswert ist der Text Funding System Failing the Dance Community von Jasna Layes Vinovrški in dem sie über die prekäre Arbeitsrealität von Berliner Tanzschaffenden schreibt und das unzureichende Fördersystem in aller Klarheit kritisiert.


Berlin, das weltweit um seine Kulturszene beneidet wird,stehen harte Zeiten bevor. Gerade jetzt ist es an der Zeit, Tanz zu schauen, zum Beispiel bei den 34. Tanztagen Berlin vom 9. bis 25. Januar, beim internationalen Tanzfestival PURPLE vom 18. bis 26. Januar, beim Festival Made in Potsdam vom 11. Januar bis 16. Februar oder bei den vielen weiteren Veranstaltungen. In diesem Heft findet ihr keinen Tanzkalender, denn es war für viele Spielstätten aufgrund der ungewissen Situation zum Jahresende nicht möglich, die Termine zum Redaktionsschluss zu liefern – diese sind online auf tanzraumberlin.de/tanzkalender gelistet.

Wie jetzt nach vorne blicken? Was jetzt hilft, ist die spürbare Solidarität, die breiten Bündnisse und die Mobilisierung in der Kulturszene und darüber hinaus. Durchatmen, Kraft tanken, Ressourcen bündeln, weitermachen. Am 1. Februar findet in der Akademie der Künste die Konferenz Tanz Macht Berlin statt – eine Veranstaltung zu Wirkungsmacht und Potenzial des Tanzes: Welche Visionen und Bedürfnisse gibt es für den Tanz in Berlin und darüber hinaus? Wie setzen wir sie gemeinsam um?
Wir sehen uns dort, bis dahin haltet durch und bleibt stark.


Viel Spaß beim Lesen
Johanna Withelm

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