Lamento in der Luftlandschaft

Text: Christine Matschke
Tanzjournalistin

Prekär ist die Situation der Mutter, der Bertolt Brecht und Hans Eisler 1932 in „Vier Wiegenlieder einer proletarischen Mutter“ eine Stimme verleihen. Prekär ist ebenfalls, dass der Großteil der Sorgearbeit auch 2022 noch von Müttern getragen wird. Diesem sozialen Ungleichgewicht verleiht Claudia Garbe in „Wiegenlieder!“ einen kritischen Ausdruck: Schaukelnd und federnd beackern drei Performerinnen und ein Laienchor auf der neuen Freilichtbühne der Uferstudios ein riesiges Feld aus Luftbetten mit persönlich und kulturell geprägten Bewegungsmustern von Mutterschaft. Die derart konstruierte Erschöpfungs-Maschinerie aus Tanz, Musik, Bildender Kunst und sozialer Plastik wird klanglich noch durch Melodica-Sounds und elektronische Pulse angetrieben. Wie sich endlich emanzipieren vom stoisch rollenden Geschlechterrad? Ein Aufatmen all jenen, die aufbegehren und neue, nicht-normative Wege der Elternschaft begehen!