edition July/August 2019

Alte neue Welten?

Postkoloniales beim Festival Plataforma Berlin

Christine Matschke
Tanzjournalistin

Wie aufgeklärt ist der Mensch des 21. Jahrhunderts? Den 250. Geburtstag von Alexander von Humboldt nimmt das Festival Plataforma Berlin zum Anlass für eine kritische Hinterfragung postkolonialer Lebensverhältnisse in Lateinamerika und der globalisierten Welt. Eine Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen strebt das mexikanische Netzwerk Cuatro X Cuatro mit „El cuerpo vacío“ an. Die „leeren“ Körper der Tänzer*innen sind Orte ohne kapitalistische Vorprägung; unbeschriebene Blätter, auf denen Skizzen für autonome Handlungsmöglichkeiten entstehen. Am Beispiel der paradoxen Spezies des Grizzly-Eisbären schafft die kolumbianische Gruppe La Quinta del Lobo ein Sinnbild für die Hybris menschlichen Fortschritts. Gelebte homosexuelle Utopien beleuchtet Lukas Avendãno. Mit einer ritualhaften Performance feiert der mexikanische Künstler die Verwandlungskraft der „Muxe“ – indigene Männer aus Südmexiko, die weiblich konnotierte Rollen einnehmen. Verborgene Zusammenhänge von Welt beschwört „Híbridos, The Spirits of Brazil“ herauf. Der Dokumentarfilm eröffnet das Festival mit einer rhythmischen Symbiose aus Bewegung und Musik. Den Dialog zwischen den zeitgenössischen und traditionellen Kulturen stimmen, neben dem Radialsystem, das Verlin sowie das Dock 11 mit weiteren Veranstaltungen an.

Plataforma Berlin
18. Juli – 03. August 2019
Radialsystem, Verlin, Dock 11
www.radialsystem.de

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