Aktuelles aus Berlin

Tanz stärken – Strukturen stärken

Erstes Maßnahmenpaket zur Behebung des strukturellen Defizits im Berliner Tanz beschlossen

Pressemitteilung vom 17. Dezember 2019

Am 12.12.2019 wurde der Doppelhaushalt 2020 und 2021 des Landes Berlin durch das Abgeordnetenhaus beschlossen. Für den Berliner Tanz geht damit nach dem Runden Tisch Tanz 2018 ein aufreibendes aber erfolgreiches Jahr zu Ende.
 
Für die erste Stufe des Entwicklungsprogramms Tanz 2019-2025 stellt das Land Berlin insgesamt 1.100.000 € (2020) und 1.295.000 € (2021) zur Umsetzung von Ergebnissen aus den Empfehlungen des Runden Tisches Tanz zur Verfügung. Wir bedanken uns bei den Berliner Kulturpolitiker*innen, insbesondere bei der rot-rot-grünen Regierungskoalition, die mit dem Runden Tisch Tanz ein Format angestoßen, begleitet und forciert haben, bei dem auf einmalige Weise Gespräche zwischen Verwaltung, Politik und der Berliner Tanzszene auf Augenhöhe geführt wurden. Im intensiven Dialog wurden wegweisende Instrumente entwickelt, die im Regeldenken der Fördersystematik nur schwer verortbar sind, aber im engsten Sinne der künstlerischen Praxis entsprechen. Dank mutiger Entscheidungen und der Unterstützung durch Politik und Verwaltung werden nun Pilotprojekte wie die Tanzpraxis oder ein Residenzprogramm für den Berliner Tanz erstmals umgesetzt. Bei den Berliner Tanzschaffenden bedanken wir uns für ihre Mitarbeit in den Arbeitsgruppen des Runden Tisch Tanz und für die Unterstützung und Mitgestaltung der Kampagne #Dance4Millions des Zeitgenössischen Tanz Berlin e.V.
 
Basierend auf den drei Säulen „Kontinuität künstlerischen Arbeitens“, „Stärkung dezentrale Infrastruktur“ und „Neue zentrale Einrichtungen für den Tanz“ können mit den aktuellen politischen Entscheidungen nun alle Maßnahmen aus dem Runden Tisch, die direkt dem Tanz zukommen sollen, angegangen werden. Erstmals wird die im bestehenden Fördersystem fehlende Verzahnung der Instrumente gezielt angegangen und mit innovativen Pilotprogrammen für die Sparte Tanz umgesetzt. Sämtliche Momente, die das künstlerische Schaffen betreffen – Recherche, Projekt, Präsentation, Distribution, Sichtbarkeit, Vermittlung, Archiv –, werden im Gesamtspektrum betrachtet und miteinander verschränkt. Nur so können für den Tanz mit der Zeit verlässliche Strukturen aufgebaut werden! Bei aller Freude über die neuen Gelder, die nun in die „Strukturförderung Tanz“ fließen, darf allerdings nicht vergessen werden, dass in den bestehenden Förderinstrumenten – insbesondere in der Basis- und Konzeptförderung – weiterhin ein großer Fehlbedarf von weit über 2 Millionen Euro für den Tanz existiert!

Die neuen Maßnahmen im Einzelnen:

Pilotprojekt Tanzpraxis

Mehr als 30 Berliner Tanzschaffende erhalten in den kommenden zwei Jahren ein Langzeitstipendium, um ihre alltägliche künstlerische Praxis zu finanzieren und weiterzuentwickeln. Dies ist der Testballon für ein deutschlandweit einmaliges Instrument, das im Runden Tisch am Beispiel eines in Norwegen seit langem erfolgreich praktizierten Modells erarbeitet wurde. Als ein zum bestehenden Fördersystem komplementäres Modul ermöglicht es Künstler*innen der drei Karrierestufen „emerging artist“, „mid career artist“ und „senior artist“ die dringend benötigte Kontinuität im Arbeiten, mit der sich Kunst überhaupt erst nachhaltig entfalten lässt. Das Gesamtvolumen des Pilotprojekts über die Jahre 2020 und 2021 beträgt 680.000 €. Der langfristige Zielwert des Projekts Tanzpraxis wäre die jährliche Förderung von 10% der professionellen Berliner Tanzschaffenden.  
 
Pilotprojekt Residenzförderung

Das Pilotprojekt Residenzförderung soll die nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Berliner Tanzkünstler*innen und Produktionsorten des Tanzes anstoßen. In unterschiedlichen Modellen erhalten Tanzschaffende räumliche, finanzielle, technische, inhaltliche bzw. administrative Unterstützung, um in projektunabhängigen Arbeitsphasen professionell durch einen Ort, seine Infrastruktur und seine Vernetzung unterstützt zu werden. Voraussichtlich im Frühjahr 2020 können sich Berliner Tanzorte mit Residenzprogrammen bewerben. Die unter Berücksichtigung der sehr diversen dezentralen Landschaft ausgewählten Orte können ihre Kooperationen mit Tanzkünstler*innen voraussichtlich von Mitte 2020 bis Ende 2021 anbieten. Das Gesamtvolumen des Piloten beträgt 603.000 €.
 
Pilotprojekt Distribution Tanz

Damit das Land Berlin seine geförderten Künstler*innen auch über die Hauptstadt hinaus angemessen vertreten kann, braucht es Personen, die die Arbeiten an inter-/nationale Veranstalter*innen vermittelt. Um dieses im Tanz nahezu inexistente Berufsfeld aufzubauen, braucht es mittelfristig eine solide aufgestellte Strukturförderung für Produktionsleiter*innen. In einer ersten kleinen Stufe stehen in den nächsten zwei Jahren jeweils rund 40.000 € zur Verfügung, um Gastspiele für ca. 6-8 Künstler*innen durch eine*n bzw. mehrere Produktionsleiter*innen zu organisieren.
 
Stärkung dezentrale Orte für den Tanz

Auch wenn mit 400.000 € in 2020 und 2021 wichtige Gelder in diese Säule fließen, manifestiert sich hier das stärkste Defizit: Für die solide Ausstattung der vielen Orte, die in Berlin Tanz produzieren und präsentieren, fehlen weiterhin rund 850.000 € jährlich. Nichtsdestotrotz können mit den eingestellten Mitteln Fehlbedarfe mehrerer auf Projektbasis geförderter Orte gedeckt und erstmals die Uferstudios als bedeutender Ort für die Berliner Tanzszene finanziell unterstützt werden.
 
Konzeptionsphasen: Haus für Tanz & Choreografie, Tanzvermittlungszentrum und Tanzarchiv

In Ergänzung zu seiner einmalig diversen dezentralen Landschaft braucht der Tanz in Berlin drei zentrale Einrichtungen, die seine enorme Produktivität aus Gegenwart und Vergangenheit bündeln und seinen Output für ein breites Publikum erlebbar machen. Über Präsentation, Vermittlung, Forschung und Archiv muss das weite Spektrum der Kunstform Tanz in der Hauptstadt auch an zentraler Stelle mit hoher Außenwirkung sichtbar gemacht werden. Das seit vielen Jahren geforderte Haus für Tanz & Choreografie ebenso wie ein Tanzvermittlungszentrum und ein Tanzarchiv werden als langfristige Ziele in den kommenden zwei Jahren mit Konzeptionsphasen stufenweise aufgebaut.


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ZTB - Zeitgenössischer Tanz Berlin e.V.

Tanzbüro Berlin

Das PDF der Pressemitteilung ist hier verfügbar.

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