1. Ausgangssituation
Wenn der Sitzungsmarathon der Großen Jury für die Freie Szene mit dem Stoßseufzer „So ein Elend!“ endet, ist Grund zur Sorge gegeben. Wir waren als Jury in einer sehr schwierigen Position: Tagelang haben wir hunderte Anträge gelesen, geprüft, beurteilt, uns in langen Sitzungen darüber verständigt und uns dann zu einer Empfehlungsliste durchgerungen. Angesichts der Tatsache, dass die Finanzmittel in keinem Verhältnis zur Zahl der eingereichten Anträge stehen, war das eine anstrengende, harte, belastende Tätigkeit.
Und nun wissen wir nicht, ob es angesichts der in Berlin verhängten drastischen Kürzungen der Haushaltsmittel auch im Kulturbereich im Jahr 2025 überhaupt die Mittel geben wird, um wenigstens die paar Projekte zu finanzieren, auf deren Förderung wir uns verständigt haben.
Denn die Kürzungen betreffen auch die Förderrunde für 2025, wir konnten deshalb 250.000 weniger vergeben, daher nur 16 Anträge unterstützen und mussten als Jury zunächst eine Nullrunde bei den einjährig geförderten Orten - vorbehaltlich finaler Kürzungsbeschlüsse - einlegen.
Die Anzahl der Anträge war sehr hoch: Bei der Einzelprojektförderung für 2025: 292(2024: 334), Einstiegsförderung 2025: 133 (2024: 130), einjährige Orte: 2025: 24 (2024: 28).
Angemerkt sei, dass die Antragszahlen und –summen bei der Einzelprojektförderung gegenüber dem Vorjahr gesunken sind. Die Antragszahlen bei der Einstiegsförderung sind gegenüber dem Vorjahr gestiegen; die Antragssumme ist aber gesunken. Die Antragszahlen und –summe bei der einjährigen Förderung von Produktionsorten sind gegenüber dem Vorjahr gesunken.
Als förderwürdig wurden 79 Einzelprojekte befunden, deren Antragssumme mit 4.727.364 € fast fünfmal so hoch ist wie das zur Verfügung stehende Förderbudget. Das ist ein extremes Missverhältnis, das sich gegenüber 2023 mit einer dreieinhalbfachen Summe der förderwürdigen Projekte nochmals verschärft hat. Zur Förderung konnten daher nur 16 Projekte mit einer Gesamtsumme von 976.174 € empfohlen werden. Dies ist ein absoluter Negativrekord bei der Anzahl der geförderten Projekte. Noch bis 2021 lag die Zahl etwa um die 30 Projekte pro Förderrunde. Das bedeutet auch, dass nur noch 5,4 Prozent der beantragten Projekte gefördert werden können, was das Antrags- und Sichtungsprozedere sowohl für die Künstler:innen als auch für die Juror:innen ad absurdum führt. Der von allen Seiten geleistete Aufwand steht in keinem Verhältnis mehr zu den Ergebnissen.
Und natürlich ist damit die Vielfalt und Breite der Freien Szene in akuter Gefahr. Denn es fallen immer mehr Künstler:innen aus der künstlerischen Arbeit heraus, weil sie weder in eigenen noch in anderen Projekten tätig werden können.
Offenlegung des Jury-Verfahrens:
Da der Umfang der eingereichten Anträge im Jahr 2024 für die Jury nicht mehr zu bewältigen war, hat die Jury entschieden ein neues Sichtungsverfahren auszuprobieren: Jeder Antrag wurde nur von 4 der 7 Juror:innen gelesen. Das half in der ersten Runde, doch taten sich neue Schwierigkeiten in der späteren Diskussion auf, wenn alle auf demselben Informationsstand sein mussten, um die finalen Entscheidungen zu treffen.
Die Jury-Tätigkeit beschränkte sich im Wesentlichen auf eine Verwaltung des immer größer werdenden Mangels. Dazu kommt, dass die Projekte immer teurer werden. Das ist vor allem auf die inflationsbedingten Preissteigerungen, erhöhte Energiekosten und die Errungenschaft der Honoraruntergrenze zurückzuführen.
1.a. Allgemein zur Einstiegsförderung:
Bei der Einstiegsförderung konnten von 26 förderwürdigen Projekten lediglich neun Projekte gefördert werden.
Wir haben die die einzelnen Projekte möglichst in voller Höhe gefördert, um die Honoraruntergrenze zu respektieren und Projekte aufgrund der Preissteigerungen nicht zu gefährden.
Die empfohlene Honoraruntergrenze wurde letztes Jahr vom LAFT angehoben, der Zuschuss im Rahmen der Einstiegsförderung bleibt jedoch bei maximal 15.000 €!
So ergab und ergibt sich ein weiteres strukturelles Problem: Wie kann man hier einen Aufbruch finanzieren, wenn es dafür kein Geld gibt, und nicht immer nur die bekannten Namen unterstützt werden sollen? Der internationale Wert Berlins als Hotspot für die Künste besteht ja auch darin, dass regelmäßig neue Künstler:innen auftauchen und neue Formate ausgedacht werden.
1.b. Allgemein zur Einzelprojektförderung:
Wir haben die Einzelprojekte möglichst in voller Höhe gefördert, um die Honoraruntergrenze zu respektieren und Projekte aufgrund der Preissteigerungen nicht zu gefährden.
Die Projekte werden weiterhin teurer, die durchschnittliche Höhe der Förderung hat sich seit 2017 verdoppelt! Das ist auf Preissteigerungen und die wichtige Errungenschaft der Honoraruntergrenze zurückzuführen. Die meisten Finanzierungspläne setzen aber ausschließlich auf die Einzelprojektförderung. Vor allem sehr große und teure Projekte müssen sich darum bemühen, Koproduktionen einzuwerben und/oder die Finanzierung auf mehr als ein Standbein öffentlicher Förderung zu stellen.
Es war darüber hinaus wieder nicht möglich, alle zentralen Orte der Freien Szene mit Projekten zu berücksichtigen. Das führt dazu, dass mehrere geförderte Orte gar kein Programm gefördert bekommen. Das Fördersystem, das darauf beruht, dass die Förderung der Orte und der Projekte ineinandergreifen, da die Orte so gut wie nie über eigene Programmmittel verfügen, kollabiert auch an dieser Stelle.
Die Summe der verfügbaren Mittel belief sich auf 1.720.288 €, aufgeteilt wie folgt:
Für die Produktionsorte: 608.900 €
Für die Einzelprojekte: 976.174 €
Für die Einstiegsförderung: 134.316 €
2. Produktionsorte
Folgende Überlegungen bestimmten hier die Diskussion:
Vorrang hatten die Produktionsorte, die schon gefördert wurden und nachweislich gute Arbeit geleistet haben. Für die Förderung neuer Orte gibt es keine finanziellen Mittel, ausgenommen das Theater Morgenstern mit 50.000 Euro.
Bevorzugt werden überdies ausgewiesene Orte der Freien Szene, also nicht Kooperationspartner wie HKW oder Maxim Gorki Theater.
Aufgrund der geringen insgesamt zur Verfügung stehenden Fördersumme mussten wir uns für eine Nullrunde ohne Aufwüchse für die Produktionsorte entscheiden, obwohl alle eine Aufstockung der Förderung dringend benötigen und dadurch teilweise in ihrer Existenz bedroht sind. Aber eine Aufstockung wäre auf Kosten der Projektförderung gegangen, bei der es genauso katastrophal aussieht.
Förderwürdig waren 16 Orte mit einer Gesamtsumme von 1.463.956 €. Ausgereicht werden konnte aber zunächst nur 608.900 € für 10 Orte (das ist die Summe, die nach der 2. Runde zusammengekommen ist. Hier lassen sich die eigentlichen Bedarfe ablesen!
Aufgrund der abzulesenden Bedarfe konnten die von der Jury zur Förderung empfohlenen Orte schließlich noch einmal um 144.000 € auf eine Gesamtfördersumme in Höhe von 752.900 € aufgestockt werden.
Dies bedeutet, dass die Entwicklung zurück zur Einnahmeteilung geht, woraus folgt, dass die Mindesthonorare nicht gezahlt werden können! Das ist dem verständlichen Wunsch geschuldet, möglichst vielen Künstler:innen eine Auftrittsmöglichkeit zu geben, bei gleichzeitig nicht ausreichender Förderung der Häuser. Dies heißt aber de facto, dass, aufgrund der geringeren Auszahlung von Einnahmen an die Künstler:innen, keine Mindesthonorare gezahlt werden.
3. Sprechtheater
Von 299 Anträgen in der Einzelprojektförderung wurden 39 im Bereich Sprechtheater gestellt, das sind 13,1 % (im Vorjahr: 13,5 %). Dass von diesen 39 Projekten lediglich zwei (also 5,1 %) eine Förderung erhalten können, steht in keinem Verhältnis und wird von der Jury als schlechter Fördersatz gewertet. Die Entscheidung für diese zwei Projekte spiegelt in keiner Weise die inhaltliche, formale und ästhetische Bandbreite der eingereichten Vorhaben und ihre Förderwürdigkeit wider. Die extreme Reduktion auf lediglich zwei zur Förderung vorgeschlagene Projekte ist für die Jury nicht mit ästhetischen/inhaltlichen Argumenten begründbar und zeigt einmal mehr, dass eine Reform des Förderverfahrens überfällig ist. Die Jury ist sich bewusst, wie frustrierend eine derartige Zahl für alle Antragstellenden ist.
Aufgrund der angespannten finanziellen Situation hat die Jury die interne Entscheidung getroffen, Wiederaufnahmen generell nicht zu berücksichtigen, sondern sich auf die Produktion neuer Projekte zu konzentrieren.
Sowohl inhaltlich als auch formal und ästhetisch zeigt sich in den eingereichten Projekten eine große Bandbreite. Neben autobiografisch grundierten oder recherchebasierten Stückentwicklungen mit einem zum Teil multiethnischen Team experimentieren die Antragstellenden mit unterschiedlichen Formen des Dokumentartheaters: historische, politische, migrantische, feministische und queere Perspektiven halten sich hier die Waage, auch jüdische Perspektiven kommen vor. Der Übergang zwischen Performance zu Sprechtheater ist weiterhin fließend – autobiografische Soloshows sind hier ebenso zu finden wie textbasierte Bühnenerzählungen; Überschreibungen und Weiterentwicklungen kanonischer (auch antiker) Stoffe stehen neben arabischer Dramatik, neben interaktiven Formaten und Lecture Performances. Postdramatische Formate dominieren dabei über klassischem dramatischem Schauspiel.
Thematisch diskutiert der Großteil der eingereichten Projekte die virulenten Debatten der Gegenwart: Rassismus, Antisemitismus, Kolonialismus, Migration werden ebenso verhandelt wie Diskurse zur Identitätspolitik, zur individualisierten Gesellschaft, zu Care-Arbeit und zu Ausformungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Sowohl die Auswirkungen des Klimawandels als auch jene von Künstlicher Intelligenz auf unser Zusammenleben und aufs Theatermachen stellen einen Schwerpunkt dar. Auch posthumanistische Perspektiven kommen vor. Darüber hinaus sind postdramatische Projekte zu finden, die sich kritisch mit den Hierarchieebenen im Theater und bei der Kunstproduktion befassen. Außerdem setzen sich einige Projekte äußerst kreativ mit der deutsch-deutschen Vergangenheit oder der Stadtgeschichte Berlins auseinander.
Hervorzuheben sind zudem jene Anträge, die sich mit den Krisen und Kriegen unserer Tage beschäftigen. Projekte, die thematisch den Krieg Russlands gegen die Ukraine verhandeln (und seine Auswirkungen auf Belarus, Polen und das Baltikum) sind vermehrt zu finden – zum Teil in länderübergreifenden, biografischen Rechercheansätzen.
Auch die Eskalation des Nahostkonflikts wird in einigen Projekten aus unterschiedlichen Perspektiven verhandelt. Die Anzahl der Anträge, die sich kritisch mit der deutschen Vergangenheit und Erinnerungskultur auseinandersetzen, hat zudem deutlich zugenommen.
Diversität und Barrierearmut werden in zahlreichen Projekten berücksichtigt.
Einstiegsförderung Schauspiel
Aus dem Bereich Schauspiel konnten aus 20 Anträgen lediglich zwei zur Förderung ausgewählt werden – hierbei sind weniger ästhetische/inhaltliche Gründe ausschlag-gebend als oftmals finanzielle.
4. Performance
Sieben der 25 geförderten Einzelprojekte ordnen sich dem Bereich Performance zu. Formal decken diese Projekte eine sehr große Bandbreite ästhetischer Möglichkeiten ab und reichen von performativen Installationen, Parcours, Shows, Lectures und Essay Performances bis zu Storytelling. Oft grenzen sie an andere Genres, vor allem Choreografie und Sprechtheater. Das spezielle Verhältnis zum Publikum – als temporäre Gemeinschaft in einer Kunstform in der Entstehung und Rezeption des Werkes zusammenfallen – wird dabei auf sehr unterschiedliche Weise berücksichtigt, zuweilen auch thematisiert.
Inhaltlich fällt auf, dass sich nach wie vor ein sehr großer Anteil der Projekte auf die Suche nach der eigenen Identität und biografischen Bedingtheit begibt. Vor allem kulturelle Prägungen werden dabei untersucht, oft aus einer migrantischen oder exilierten Perspektive. Zuweilen spielen dabei auch geopolitische Konstellationen, nicht zuletzt kriegerische Auseinandersetzungen, eine Rolle. Weiterhin sind viele Projekte zudem von genderkritischen und queer-feministischen Erfahrungen geprägt. Einige Anträge widmen sich körperlicher Fragilität, Behinderungen, Krankheit und der Frage, wie diese ästhetisch verarbeitet werden können. Sehr oft steht dabei die körperliche Ko-Präsenz der Performer:innen im Mittelpunkt und lassen so die verhandelten Themen auch zur physischen, sinnlichen Erfahrung werden.
Andere Projekte widmen sich der Frage, wie digitale Entwicklungen auf der Bühne verhandelt werden können – in einem Medium das sich als spezifisch analog begreift. In solchen Konzepten geht es stets um das Verhältnis zwischen Mensch und digitalem Raum, die Auswirkungen virtueller Räume, Künstlicher Intelligenz auf die eigene Wahrnehmung und körperlicher Erfahrung. Neue Technologien werden in die Inszenierung integriert und erweitern das mediale Spektrum. Auch das Verhältnis zu anderen, nicht-menschlichen Lebensformen wird vereinzelt untersucht und auch dafür – in einem so menschenzentrierten Medium – Möglichkeiten der Repräsentation ausprobiert. Was weiterhin den überwiegenden Teil aller Projekte eint, ist die Idee eines Theaters, das experimentell immer wieder andere Konstellationen und Ausgangspunkte wählt und erst im Recherche- und dann im Probenprozess konkreter wird – weshalb es oft schwierig ist, anhand der Konzepte auf die Arbeit zu schließen, die schließlich zu sehen sein wird. Letztlich spielt in solchen Fällen der Blick auf bisherige Projekte und Aufführungen der entsprechenden Künstler:innen bei der Einschätzung eine große Rolle.
5. Musiktheater
Durch das komplexe Zusammenwirken verschiedener Künste kommt dem Genre der Oper ein Spitzenplatz in Sachen Aufwand der Mittel zu. Sie umfassen Musik, Gesang, manchmal Sprache, Tanz, Choreografie, Architektur, Lightdesign, dazu eine große Anzahl von Mitwirkenden in allen Gewerken. Dies erklärt, warum die beantragten Fördersummen normalerweise eher hoch ausfallen. Trotz der genrespezifischen Anforderungen hat sich allerdings gerade in Berlin eine Vielzahl von Gruppen zusammengefunden, die sich mit der Sparte Oper auf sehr unterschiedliche, neuartige Weise auseinandersetzen, sowohl was die formale Gestaltung wie auch den intellektuellen Umgang und die thematische Breite anbetrifft.
In Bezug auf die Einstiegsförderung wie auch die Einzelprojektförderung muss leider festgehalten werden, dass hochwertiges Musiktheater abseits der festen Häuser unter den gegebenen finanziellen Bedingungen über längere Zeit kaum möglich sein wird. Wenn die Freie Szene und der künstlerische Nachwuchs in der Sparte Musiktheater mit ihren aller nötigsten Strukturen nicht auskömmlich gefördert und gepflegt werden, macht sie das auf Dauer kaputt.
Jedenfalls gab es im Bereich Einstiegsförderung keinen einzigen Antrag aus dem weiten Feld des Musiktheaters.
In der Einzelprojektförderung konnten wir wegen der finanziellen Situation nur ein Projekt fördern, und zwar mit 68.534 €.
6. Performing Arts für junges Publikum
In der Einzelprojektförderung gingen 16 Anträge ein, die sich dem Bereich „Performing Arts für junges Publikum“ zuordneten. Fünf weitere Anträge waren anders gelabelt (z. B. Musiktheater oder Theater), waren jedoch nach eigenen Angaben ausschließlich für ein junges Publikum konzipiert. Insofern kann man von 21 Anträgen sprechen, die dem Bereich „Performing Arts für junges Publikum“ angehören. Betrachtet man die unterschiedlichen künstlerischen Ausrichtungen, so sind jeweils sechs Anträge den Bereichen Tanz/Tanztheater, Theater/Schauspiel und Figuren-/Objekttheater zuzuordnen. Zwei Anträge hatten den Schwerpunkt Musiktheater und einer kam aus dem Bereich Performance. Das Alter der gewünschten Publikumsgruppen war ebenfalls breit gefächert. Es fanden sich sechs Anträge für ganz junges Publikum (ab 0, 2 oder 3 Jahren), elf für Kinder im Grundschulalter (6 – 12 Jahren) und vier für Jugendliche (ab 12 oder 14 Jahren). Dem Großteil der Anträge ist zu entnehmen, dass man nach zeitgemäßen Formen der Darstellenden Künste für junge Publika sucht und mit einem forschenden Ansatz den jungen Menschen begegnen möchte. Wir finden intergenerationale und auf Diversität ausgerichtete Ensembles, partizipative Ansätze in der Stückentwicklung und Präsentation als auch zeitgemäße Auseinandersetzungen mit aktuellen Themen, die mit Blick auf das Alter des gewünschten Publikums bearbeitet werden sollen. In den meisten Fällen liest man Konzepte, die mit großer Neugierde und Achtung jungen Menschen begegnen wollen. Man möchte gemeinsame künstlerische Erlebnisräume schaffen und orientiert sich dabei an den Lebenswirklichkeiten von Kindern und Jugendlichen und sieht den Überraschungen, die dabei in jeder Vorstellung auch für die Performer:innen entstehen können, freudig entgegen.
Zur Förderung empfohlen wurden letztlich nur zwei Projekte aus dem Bereich. Angesichts der Qualität vieler Anträge und auch dem Bedarf, Produktionen für junges Publikum zu zeigen, ist dies – wie bei allen anderen Sparten auch – eine sehr enttäuschende Quote.
Einstiegsförderung
Fünf Anträge sind hier dem Bereich „Performing Arts für junges Publikum“ zuzuordnen.
Keiner wurde zur Förderung empfohlen, was auch mit fehlenden Mitteln zu tun hat.
7. Tanz / Tanztheater
Im Bereich der Einzelprojektförderung waren 102 Anträge von insgesamt 292 der Sparte Tanz/Tanztheater zugeordnet. Das liegt auf dem Niveau von 2024 (ebenfalls 102 Anträge) und entspricht 34,7%. Fünf Einzelprojektanträge aus dem Bereich Tanz konnten zur Förderung empfohlen werden. Zudem haben sich nicht wenige Choreograf:innen in dieser Antragsrunde erneut dem Bereich Performance zugeordnet.
Bei den Themen ist die Auseinandersetzung mit der Klimakrise nach wie vor stark vertreten und wird vor allem in der Beziehung zu nichtmenschlichen Wesen und mit vielfältigen choreografischen Ansätzen verhandelt. Vermehrt wird sich dabei neuerdings auf das Topos der Apokalypse bezogen. Ebenso spielen Alter, Mutterschaft, Care-Arbeit und Trauer sowie Digitalität, künstliche Intelligenz und Games weiterhin eine wichtige Rolle. Hinzu kommen die Themen Krieg, Flucht und Migrationserfahrungen, die mit neuer Dringlichkeit und in Bezug auf ihre körperlichen Auswirkungen verhandelt werden. Auch choreografische Auseinandersetzungen mit Sport und Ausdauer sind präsent, oft verbunden mit Kritik an Kapitalismus und Leistungsgesellschaft. Insgesamt fällt auf, dass viele Projekte im Umgang mit diesen harten Themen einen Schwerpunkt auf Pleasure und Resilienz setzen und queer-feministische Ansätze weiterhin stark vertreten sind. Ebenfalls gehen die Projekte mit verschiedenen kulturellen Einflüssen und tänzerischem Erbe um. Bei weitem der größte Anteil ist dem zeitgenössischen Tanz zuzuordnen, aber auch aus dem Urbanen Tanz kommen vermehrt Anträge. Behinderte, Taube und chronisch kranke Künstler:innen sind als Antragstellende oder Mitwirkende in verschiedenen Projekten vertreten. Sehr viele Projekte werden intersektional gedacht und auch die Perspektiven von Klassismus und Ableismus werden nun vermehrt einbezogen, nicht nur von selbst betroffenen Künstler:innen. Viele der beschriebenen Entwicklungen können die Ergebnisse aufgrund der niedrigen Anzahl geförderter Projekte nicht widerspiegeln.
In der Einstiegsförderung betrug die Zahl der Anträge aus dem Bereich Tanz/Tanztheater 48 von 135. Das liegt nochmals deutlich über dem Niveau des Vorjahrs (38 Anträge) und entspricht einem Anteil von 35,6%. Drei Anträge konnten zur Förderung empfohlen werden. 25% der Antragsteller:innen wurden am HZT ausgebildet, dieser Anteil spiegelt sich auch bei den geförderten Projekten wider.
8. Puppentheater / Figuren- und Objekttheater für Erwachsene
Im Vorjahr war das Figuren- und Objekttheater mit 12 Anträgen in der Einzelprojektförderung vertreten. Dieses Jahr sind es 8 Projekte im Bereich des Figuren-und Objekttheaters. Das sind bei einem Volumen von insgesamt 292 Anträgen ein Anteil von 3,7 %. Von diesen 8 Anträgen konnte ein Antrag für die Förderung berücksichtigt werden. Hervorzuheben ist, dass sich 80 Prozent der Anträge aus dieser Sparte bis in die letzten Runden der Sitzung durchsetzen konnten, was für eine hohe künstlerische Qualität der eingereichten Anträge spricht.
Da die Jury in der Regel die Gesamtanzahl der eingereichten Anträge aus einer Sparte als Orientierung für die maximale Anzahl der Anträge, die letztendlich gefördert werden, heranzieht, ist die Förderquote überaus frustrierend. Je weniger Anträge in einer Kategorie eingereicht werden, umso kleiner die Anzahl der Anträge, die sich aus der Sparte durchsetzen. Der Druck durch das schrumpfende Fördervolumen und die steigende Anzahl der insgesamt eingereichten Anträge ist in allen Sparten - und in den kleinen Sparten besonders deutlich - spürbar. Hierbei gilt für alle Sparten: Die Zahl der bewilligten Anträge steht in keinem Verhältnis zur hohen Qualität der eingereichten Projektideen und der Relevanz der Themen.
Das Themenspektrum der Projektideen in der Sparte Puppentheater / Figurentheater ist breit, die Lust der Künstler:innen auf die Erforschung von neuen Formen und neue Arten der Begegnung mit dem Publikum ist ungebrochen. Die Gruppen beschäftigen sich mit Themen wie Dekolonisierung, Rassismus, Öko-SciFi / Öko-Feminismus und Genmanipulation; sie behandeln in humorvoller Art und Weise die Schockstarre des Menschen gegenüber dem Klimawandel, widmen sich aber auch modernen Kinderbuch-Klassikern und suchen nach neuen Lesarten für Märchen. Die Themen spielen dabei spannend in die Wahl der Mittel und die Formenvielfalt der Figuren und Objekte. Mal wird eher filmisch geforscht oder mit Legetrick gearbeitet, mal über die Untersuchung eines Materials ein Spektrum an Ebenen und Zugängen eröffnet.
Meist richten sich die eingereichten Projekte an ein erwachsenes sowie jugendliches Publikum. Weitere Anträge von Künstler:innen, welche im Bereich Figuren- und Objekttheater arbeiten, finden sich wie auch im letzten Jahr in der Sparte „Performing Arts für Junges Publikum“.
Hervorzuheben ist, dass viele Anträge von über Jahre gewachsenen Compagnien und Gruppen eingereicht werden, die kontinuierlich für ein erwachsenes und auch junges Publikum spielen und ihre Arbeiten zu großen Teilen tourfähig konzipieren. Die Projekte dieser Künstler:innen erreichen viele Menschen und leben weit über die beantragten 4 Vorstellungen hinaus. Damit ist das Figuren- und Objekttheater weit vorn im Bezug auf Nachhaltigkeit im Theater. Einige Gruppen planen zusätzlich Workshopangebote, um Themen vor- oder nachzuarbeiten mit dem Publikum.
Einstiegsförderung
In der Einstiegsförderung sind 4 Anträge im Bereich Figuren- und Objekttheater eingereicht worden, wobei ein Antrag zur Förderung ausgewählt werden konnte.
Stand: 17.02.2025
veröffentlicht HIER