Die im Raum stehenden Kürzungen bedrohen die Freie Szene existenziell. Jede Einsparung in den von uns jurierten Fördertöpfen wird die Schließung von einzelnen Spielstätten und das Ende von zahlreichen künstlerischen Karrieren zur Folge haben – in direkter Konsequenz und als Folge in den kommenden Jahren. Damit tragen der Berliner Senat der CDU und SPD und der Kultursenator Joe Chialo die Verantwortung für einen bisher nie dagewesenen Kahlschlag in den freien darstellenden Künsten und im Tanz, der auch durch umsichtige Juryentscheidungen nicht mehr abgefedert werden kann. Dies ist die Konsequenz einer unstrukturierten, planlosen Sparpolitik.
Die geplanten Kürzungen treffen auf eine Szene, die bereits dramatisch unterfinanziert ist, wie wir in unseren Jurykommentaren der vergangenen Jahre deutlich gemacht haben. Seit 2017 hat sich zum Beispiel die durchschnittliche Förderung pro Projekt aufgrund der Preissteigerungen und der dringend notwendigen Anhebung der Honoraruntergrenze verdoppelt – aber der Fördertopf ist nicht mitgewachsen.
Mit der Umsetzung von Kürzungen droht, dass nur noch halb so viele Einzelprojekte gefördert werden können wie noch 2021. Das bedeutet eine Förderquote von nur mehr 5 Prozent. Das steht in keinem Verhältnis mehr. An mehreren Spielstätten wird kein einziges Projekt gefördert, an anderen zu wenige, als dass sich damit ein Jahresspielplan substanziell gestalten ließe. Das fragile Gleichgewicht von Spielorten und geförderten Projekten bricht auseinander. Bei der Finanzierung der ein- und zweijährig geförderten Produktionsorte befinden wir uns bereits im Notfallmodus, sie können nicht mehr auskömmlich finanziert werden. Gleiches gilt für die ebenfalls unterfinanzierten konzeptgeförderten Häuser, die von zehnprozentigen Einsparungen bedroht sind. Strukturen, die Insolvenz anmelden oder aufgegeben müssen, können nicht so einfach wieder aufgebaut werden, Orte gehen für immer verloren. Künstler*innen, die ihren Beruf wechseln müssen, weil er sie nicht mehr ernährt, kehren nicht wieder zurück. Hier gibt es kein Einsparpotenzial ohne großen Schaden in Gegenwart und Zukunft anzurichten. Wir warnen dringend davor, Kürzungen in den vergleichsweise kleinen Fördertöpfen für die Freie Szene umzusetzen, denn diese ist bereits drastisch unterfinanziert.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde eine Freie Szene in Berlin aufgebaut, die einzigartig ist in Deutschland und darüber hinaus. Qualität und Vielfalt stehen in keinem Verhältnis zu der Finanzierung durch das Land Berlin. Diese Kulturlandschaft, die Berlin maßgeblich ausmacht, ist nun existenziell bedroht durch den Berliner Senat.
Irene Bazinger, Barbara Behrendt, Martina Kessel, Florian Malzacher, Anna Mülter, Roscha A. Säidow und Be van Vark
Diese Jury des Senats entscheidet über die Einzelprojektförderung, Einstiegsförderung, Basis- und Konzeptförderung der Künstler*innen und ein- und zweijährige Förderung der Produktionsorte.